Als vor mehr als 30 Jahren in der Evangelischen Akademie Nordelbien Seminare zu den Themen Sterben, Tod und Trauer stattfanden, wurde zunehmend das Bedürfnis und die Frage nach Begleitung von
trauernden Angehörigen geäußert. Dies bereitete damals den Boden für die ‚Verwaisten Eltern‘, die Gruppen initiierten, in denen Trauernde sprechen konnten und gehört wurden.
Bald fragten auch Begleitende nach Unterstützung und Fortbildung und es entwickelte sich 1989 aus den anfänglichen Veröffentlichungen und Wochenendseminaren die erste Trauerbegleiter-Ausbildung.
Dabei handelt es sich bis heute um ein ständig weiterzuentwickelndes Curriculum, das aus der Praxis heraus entstanden ist und den in Bewegung befindlichen Anforderungen der Praxis zeitgemäß
standzuhalten hat.
Vom Institut für Trauerarbeit (ITA) e.V. wurden Angebote für Trauernde in unterschiedlichen Verlustsituationen erarbeitet und es entstanden den Anfragen entsprechend Gruppen für die Trauer nach
Partnerverlust, trauernde Geschwister, Trauer nach dem Tod der Eltern, trauernde Männer sowie für Angehörige nach Suizid.
Inzwischen sind Themen rund um Sterben, Tod und Trauer in unserer Gesellschaft weniger ausgegrenzt als zur Entstehungszeit. Und so geben heute Einzelberatung und -begleitung, regelmäßige
Gruppenangebote und Wochenendseminare Trauernden den Raum, die eigene Trauer zu fühlen, sich mit ihr auseinanderzusetzen und anderen zu begegnen.
Trauernde Menschen zu begleiten verlangt zu allererst Authentizität und die Bereitschaft, Leid nicht ’wegmachen‘ zu wollen, sondern mit auszuhalten. Das Sicheinlassen auf schwere und lange Wege
der Trauer heißt, sich in der Ausbildung mit eigenen Verlustkrisen und Trauererfahrungen (Selbsterfahrung) auseinanderzusetzen, mit den Inhalten und Ergebnissen der Trauerforschung (Information)
zu arbeiten und deren Anwendbarkeit in der Praxis (Reflexion) zu überprüfen. Dieses Lerndreieck verlangt von den Teilnehmenden eine große Flexibilität, da sie sich auf unterschiedlichen Ebenen
innerhalb einer Ausbildungseinheit bewegen müssen.
Prozessarbeit ist darauf ausgerichtet, alles, was sich zeigt, so anzunehmen, wie es sich zeigt: ganzheitlich, geistig-intuitiv und sinnstiftend – rationale und theoretische Zugänge bleiben
zunächst ausgespart. Sie erkennt die der Natur innewohnende Weisheit und den fortwährenden Wandel an und folgt der Überzeugung, dass es für jeden Menschen einen natürlichen Fluss der Entwicklung
gibt – auch in schweren Krisen, Lebensbrüchen und in der Trauer. Trauernde können wertvolle Ressourcen, neues Wissen, überraschende Entwicklungen und die Integration aller Gefühle entdecken und
erleben, wenn sie in ihrem Prozess auf dem Trauerweg Annahme, Empathie, Wertschätzung und Unterstützung erfahren.
Primäres Ziel der Qualifikation ist dem folgend, Trauerbegleiter*innen nicht in einer therapeutischen Methode zu schulen, sondern sie zu befähigen, den Menschen in seiner Einzigartigkeit
wahrzunehmen und ihn in seinem Trauerprozess zu begleiten, indem Hilfestellung gegeben wird, das Gegenwärtige auszusprechen und zu bedenken, um dann eigene Schritte gehen zu können. Ziel ist das
Aushalten und Annehmen. Nicht die Begleitenden wissen, was für die Trauernden gut ist, sondern die Trauernden wissen es in ihrem Inneren selbst. Die Begleitenden stellen sich als Gegenüber zur
Verfügung mit ihrer Aufmerksamkeit, Intuition und mit allem, was sie gelernt haben.
Ein zentrales Anliegen von ITA ist es, die Teilnehmer*innen auf diese Aufgabe vorzubereiten und eine besondere Haltung zu etablieren, um gemeinsam weiter daran mitzuwirken, eine dementsprechende
Trauerkultur in die Gesellschaft hineinzutragen.
Der Gesamtkurs wird von zwei Ausbildungsleiter*innen begleitet, die die inhaltliche Verbindung der einzelnen Einheiten gewährleisten, Übergänge vermitteln und den gruppendynamischen Prozess
reflektieren.
Die Einheiten haben sich aus den Erfahrungen in der Trauerbegleitung entwickelt und unterliegen der ständigen Weiterentwicklung. Die jeweiligen Inhalte werden sowohl vom Leitungsteam als auch von
externen Referent*innen vermittelt, die sich in ihrem Fachgebiet und in der Auseinandersetzung mit den Themen Sterben, Tod und Trauer besonders qualifiziert haben. Sie vertreten verschiedene
Aspekte der Trauerbegleitung. Allen gemeinsam ist die vorbeschriebene Grundhaltung.
Von besonderer Bedeutung ist auch die gemeinsame Zeit vor Ort und daher sind die Übernachtungen und die gemeinsamen Mahlzeiten aller Teilnehmenden sowie der Referent*innen im Tagungshaus ein
wesentlicher Teil des Konzeptes. Nach Beendigung der Qualifikation besteht die Möglichkeit, an jährlich stattfindenden Vernetzungstreffen, Workshops sowie Fortbildungen teilzunehmen, um sowohl
den fachlichen Austausch als auch das stärkende Miteinander fortführen zu können.
Nach dem erfolgreichen Abschluss sind die Teilnehmer*innen befähigt, eigenverantwortlich Trauernde in Einzelgesprächen und in Gruppen bei erschwerter und nicht-erschwerter Trauer zu begleiten, bei traumatischer und komplizierter Trauer zu stabilisieren sowie Projektaufbau in verschiedenen beruflichen Kontexten zu leisten.
Die Qualifizierung (320 Std.) entspricht der Großen Basisqualifikation zur Trauerbegleitung gemäß Bundesverband Trauerbegleitung e.V. (BVT). Bei der Psychotherapeutenkammer
Niedersachsen ist sie als Fortbildung mit 333 Punkten akkreditiert.
Menschen, die im psychosozialen, therapeutischen, seelsorgerischen sowie medizinischen Bereich oder im Bestattungswesen tätig sind; berufsgruppenübergreifend.
Menschen, durch Leiderfahrung und Verlustkrisen geprägt, die in der Beratung und Begleitung von Trauernden eine wichtige Aufgabe für ihren persönlichen Weg sehen.
Ein ausreichender Abstand zu einem eigenen Todesfall und Reflexionsmöglichkeit des eigenen Prozesses sind notwendig, ebenso wie die Bereitschaft, über Selbsterfahrung im Umgang mit Abschied, Verlusten, Sterben, Tod und Trauer zu lernen.
Begrüßt werden Hospitationen im fachlichen Kontext.
Zur Erlangung des Zertifikats wird die durchgehende Teilnahme an allen Kursabschnitten und das Erstellen einer Abschlussarbeit vorausgesetzt.
Eine Anmeldung zu einzelnen Kursabschnitten ist nicht möglich.
Sollte die Teilnahme aus unvorhersehbaren Gründen häufiger als bei zwei Kurseinheiten nicht möglich sein, werden statt des Zertifikats Teilnahmebescheinigungen für die absolvierten Abschnitte
ausgestellt.
Die Aufnahme oder Ablehnung bzw. Zurückstellung (ggf. Warteliste) erfolgt nach der Anmeldung. Sie werden entsprechend informiert. Das Leitungsteam behält sich vor, nach dem Einführungsseminar über die endgültige Zusammensetzung des Kurses zu entscheiden.
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